Albersdorf – Sie ist ein Albersdorfer Urgestein, die Lischen Drechsler: Jeder kennt sie, und sie kennt jeden. Das ist ein großer Segen für die Kirchengemeinde. Denn die ehemalige Gemeindesekretärin hat es sich zur Aufgabe gemacht, diejenigen wiederzufinden, die einmal in der Albersdorfer Kirche konfirmiert wurden, um sie zur Goldenen Konfirmation einzuladen. Für diesen nunmehr 20jährigen, ehrenamtlichen Dienst wird die 80-Jährige am Sonntag, 1. Februar, mit dem Ansgarkreuz der Nordkirche ausgezeichnet.

„Sie ist bewundernswert exakt und ausdauernd in der Recherche“, sagt Pastor Eckhard Berndt dankbar. Er weiß wohl, wie viel Arbeit das ist: Viele sind schon bald nach der Konfirmation weggezogen, haben später geheiratet und inzwischen einen andere Namen, manche sind auch verstorben – es ist Detektivarbeit, herauszufinden, wohin das Leben die damals noch so jungen Menschen verschlug.
Lischen Drechsler besorgt sich zunächst die Namen der Konfirmanden aus dem Register. Da sind sie alle aufgeschrieben. Manche kennt sie selber, von anderen weiß sie Verwandte, die sie fragen kann. „Ich bin ja hier groß geworden. Ich weiß genau: Hier lebt der Vater, da ist noch ein Bruder oder dies ist eine Tante – so fange ich an.“ Bei Familien, die fest in Albersdorf verwurzelt sind, ist die Arbeit leicht, das geht schnell von der Hand.
Viel schwieriger ist das bei Menschen, die nur eine kurze Zeit hier gelebt haben, bei denen, die keine Familie mehr hier haben, die mit dem Erwachsenwerden einfach ihre Zelte im Dorf abbrachen und nicht mehr zurückkehrten. Da wird die Recherche zum mühsamen Geschäft. „Ich nehm die Listen mit in die Altenkreise und Klönnachmittage“, erklärt Lischen Drechsler ihre Vorgehensweise. Da kann sie dann fragen, wer etwas weiß oder wer jemanden kennt, den man fragen könnte. So sammelt sie nach und nach die Adressen zusammen, und oft hat sie dabei Kontakt in alle Welt. Wenn es dann soweit ist und die Jubelkonfirmanden sich in Albersdorf nach 50 Jahren wiederbegegnen, dann hat Lischen Drechsler großen Anteil daran, denn allein ihrer Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass so viele über dieses schöne Fest informiert wurden. Und sie versteht es darüber hinaus, es den Jubilaren schön zu machen: Sie organisiert den Tischschmuck und das Essen. Sie sollen sich wohl fühlen in Alberdorf, die Goldkonfirmanden. Sie sollen diesen besonderen Tag in bester Erinnerung behalten.

Angefangen hat sie diese Arbeit ja schon als Gemeindesekretärin. Seit 1969 war sie im Gemeindebüro tätig und trug selbst und damals noch von Hand die Namen der Konfirmierten in die Register ein. „Was ich da alles erlebt habe…“, sagt sie und schüttelt den Kopf. Es lief ja alles über ihren Tisch, jede Trauung, jede Taufe und auch manch wirklich tragische Beerdigung. Elf Pastoren hat sie kommen und gehen sehen. „Jeder war verschieden“, sagt sie. Sie kam mit allen gut zurecht, die wussten bald ihre resolute, direkte Art und natürlich ihre Ortskenntnis zu schätzen. Als sie 1994 in den Ruhestand ging, hat sie die Goldenen Konfirmationen einfach weitergemacht und tut es nach wie vor gerne.

An’s Aufhören denkt die resolute Rentnerin eigentlich nicht. Sie hat die Leitung des Dienstagskreises aufgegeben, das war ihr dann nach zehn Jahren auch genug. Bei den Klönschnacks in Bunsoh und Albersdorf ist sie als Teilnehmerin dabei und pflegt nebenbei natürlich die Kontakte, die sie für ihre Recherche braucht. Sie freut sich über die Auszeichnung, die ihr die stellvertretende Pröpstin Astrid Buchin ans Revers heften wird. Und als diese ihr den Ablauf erklärt und sie einlädt, doch auch ein paar Worte zu sagen, wird sie ganz nervös, die Lischen Drechsler, und windet sich: In der ersten Reihe zu stehen, ist gar nicht so ihr Ding. So viel Aufmerksamkeit ist sie gar nicht gewohnt. Der Gottesdienst zur Ansgarkreuzverleihung beginnt um 10 Uhr in der St.-Remigius-Kirche Albersdorf. „Ich bin in dieser Kirche getauft, konfirmiert und getraut worden“, sagt sie. Das Ansgarkreuz ist ein neues und schönes Erlebnis, das sie mit diesem Gotteshaus verbinden wird.