02/07/2024 0 Kommentare
Hilfe und Rat in Wohnungsnot
Hilfe und Rat in Wohnungsnot
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Hilfe und Rat in Wohnungsnot
Heide – Man sollte meinen, dass es in diesem so reichen Land keine Armut mehr gebe. Schließlich leben wir in einem Sozialstaat, es sollte für Jeden und Jede gesorgt sein. Aber dem ist nicht so. Sandra Klasen und Holger Möller wissen es besser. Sie kümmern sich um Menschen in Wohnungsnot.
„Armenhilfe ist ein urdiakonischer Auftrag“, sagt Sandra Klasen. Sie war bisher beim Kommunaldiakonischen Wohnungsverband (KDWV) in Heide beschäftigt. Der KDWV wurde 1998 gegründet, unter anderem, um die Trägerschaft für das Modellprojekt in der Apenrader Straße zu übernehmen. Ziel war es, Menschen Wohnraum zu geben und sie zugleich zu stärken und zu begleiten. Holger Möller tut das vor Ort, Sandra Klasen hatte ihr Büro im Rathaus der Stadt. Sandra Klasen wechselt nun nach 15 Jahren in die Bewährungshilfe.
Die Sozialpädagogin erinnert sich, wie sie damals anfing. „Wohnungsnot war nie ein Thema im Studium“, erzählt sie. „Ich wusste wohl, dass es Obdachlose gibt, aber das Problem ist ja viel größer.“ Zu ihr kamen Menschen, denen der Verlust der Wohnung drohte. Oft waren es Mietrückstände, manchmal auch Suchtproblematiken, manchen wuchs der Alltag einfach über den Kopf und sie fanden sich im Behördendschungel nicht zurecht. Und immer öfter waren es Menschen oder Familien, die schlicht keine Wohnung fanden, die sie bezahlen konnten. Sandra Klasen beriet, tröstete, vermittelte. Und wenn’s gut war, konnte sie jemanden in die Wohnanlage Nord in der Apenrader Straße schicken, die von Diakon Holger Möller betreut wird. Da wusste sie ihre Schützlinge in guten Händen. Denn der sagt: „Ich bin hier ganz bewusst Diakon, das ist mehr als soziale Mieterbetreuung.“
Das Thema ist groß, und seine Bearbeitung muss eigentlich viel früher ansetzen: 30 Prozent der Hilfesuchenden sind junge Erwachsene, die, wenn sie 18 werden, aus der Jugendhilfe herausfallen und auf einmal selbst zurechtkommen müssen. Da müssten Übergänge geregelt werden, da bräuchte es Präventionsmaßnahmen, findet Sandra Klasen. Ein anderes Problem ist der Wohnungsmarkt: Mietraum ist einfach zu teuer, Vermieter sind über die Maßen vorsichtig, Menschen mit Schufa-Eintrag haben praktisch keine Chance, auf dem regulären Markt ein Dach über dem Kopf zu finden. Sozialen Wohnungsbau gibt es praktisch nicht mehr. Besonders kinderreiche Familien haben es schwer. Und: Sozialdiakonische Hilfe gibt es nur in Heide, obwohl sie eigentlich flächendeckend nötig wäre. Die meisten Menschen, die in Wohnungsnot geraten, brauchen mehr als ein Dach: Sie brauchen Fürsorge, Hilfe, Trost und Rat, die über die bloße Vermittlung hinausgehen.
Sandra Klasen wechselt nun den Arbeitsplatz, aber ihre Nachfolge ist geregelt. Das ist gut. Holger Möller bleibt, und auch das ist gut. In den 28 Wohnungen der Apenrader Straße leben bis zu hundert Menschen, die Hälfte von ihnen sind Kinder und Jugendliche. Holger Möller begleitet sie in ihrem Alltag, macht Angebote, organisiert Begegnung und manchmal muss er auch schlichtend eingreifen – da passiert schon mal etwas, wenn so Viele zusammenleben.
Die Kirchengemeinde Heide verabschiedet sich von Sandra Klasen mit einem Gottesdienst am Sonntag, 18. Juni, in der St.-Jürgen-Kirche. Beginn ist um 10 Uhr. „Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt die 41-Jährige. Sie ist ja nicht aus der Welt: Als Bewährungshelferin für Meldorf und Heide wird es auch in Zukunft Berührungspunkte geben. Ihr Ziel ist und bleibt es, Menschen zu helfen, die an den Rand der Gesellschaft geraten sind.
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